Was verbindest du mit Japan? Sicher tauchen die roten Torii-Bögen, Mount Fuji und Kirschblüten vor deinem inneren Auge auf. Ich denke unweigerlich auch an die Geisha. Mit ihrem weiß geschminkten Gesicht und ihren aufwändigen Gewändern repräsentiert sie eine beinahe mystische Welt Japans, um die sich seit Jahrzehnten Mythen und Legenden ranken.
Heute ist es soweit: In diesem ausführlichen Artikel räumen wir mit den Vorurteilen auf, mit denen das Berufsbild der Geisha zu kämpfen hat. Gleichzeitig werfen wir einen Blick auf die harte Ausbildung und zeigen Dir unter anderem, wie du eine „falsche Geisha“ von einer echten unterscheidest!
Inhaltsverzeichnis
Was ist eine Geisha? Was ist eine Maiko?
Viele kennen Geishas nur von Bildern oder aber aus dem Film „Die Geisha“. Und auch wenn dieser meiner Meinung nach absolut grandios ist, hat er an manchen Stellen nur wenig mit der echten Geisha zu tun.
Das Wort Geisha bezeichnet eine professionell ausgebildete, weibliche, japanische und traditionelle Unterhaltungskünstlerin. Sie unterhält die Gäste, beispielsweise bei einer Teezeremonie, besonderen Anlässen oder einem Geisha-Dinner mit einer Vielzahl von Kunstformen. Darunter fallen japanische Tänze, traditionelle japanische Musik sowie Gesang.
Gut zu wissen: Der Begriff Geisha (芸者) deckt sich dabei mit der Bezeichnung geiko (芸子) und geigi (芸妓). Alle besitzten das Kanji-Symbol Gei, welches grob übersetzt für Unterhaltung steht oder sich auf eine Fähigkeit bezieht, die eine bestimmtes Maß an Können erfordert. Die zweite Silbe unterscheidet sich je nach Region. Rund um Tokyo ist Geigi am geläufigsten, Kyoto verwendet das Word Geisha und im Westen Japans stößt man auf den Begriff Geiko. In diesem Artikel bleiben wir bei Geisha.
Mit dem Namen Maiko („tanzendes Kind“) darf sich eine Geisha in Ausbildung schmücken. Früher begann das Training bereits in sehr früh, manchmal sogar schon mit 5 Jahren. Heute hat sich das stark verändert. In Kyoto beginnen die Anwärterinnen ihre Ausbildung mit etwa 16 Jahren, in Tokyo sogar erst mit 18 Jahren. Insgesamt schlagen viele Japanerinnen den Berufsweg dennoch relativ früh ein. Ab ungefähr 20 Jahren ist man bereits zu alt, um eine Maiko zu werden. Es gibt aber auch Fälle, in denen ältere Japanerinnen dann die Phase der Maiko überspringen und direkt zur Geisha gekürt werden. Das erfordert allerdings eine große Begabung und geht keinesfalls ohne mindestens einem Jahr an Training.
Wie sieht das Leben einer Geisha heute aus?
Im Grunde macht eine Geisha heute dasselbe wie früher: Sie kümmert sich um das Wohl von (vorwiegend männlichen) Gästen. Während großen Festen, Banquets und anderen speziellen Anlässen zeigt sie dabei ihr erlerntes Können beim Tanz und Musik. Jede Dame muss mindestens ein Instrument beherrschen, meistens ist das die „Shamisen“, ein traditionelles Saiteninstrument. Manche davon sind soviel wert wie ein Kleinwagen! Außerdem betreiben die Geishas niveauvolle Konversation und Spiele und sorgt schlichtweg für die Unterhaltung der Gäste.
Letztendlich ist „Geisha sein“ eben auch nur ein Beruf, allerdings ein zeitintensiver und fordernder. Ausgebildete Geishas sind oftmals selbstständig, wobei viele sich zusammenschließen und somit gemeinsame Mitarbeiter für die Organisation von Buchungen und die Buchhaltung beschäftigen. Zusammen mit den täglichen Übungen und der Vorbereitung hat sie einen langen Arbeitstag – nichts Ungewöhnliches in Japan.
Wusstet Ihr, dass heute nur noch 2000 echte Geishas gibt? 1920 betrug Ihre Zahl noch über 75 000. Der Siegeszug der Geishas begann im 18. Jahrhundert. Als Unterhalterinnen mit besonderer Schönheit und Eleganz gewannen sie schnell an Beliebtheit in ganz Japan. Mit dem Beginn des zweiten Weltkriegs nahm Ihre Zahl allerdings rapide ab, da sich viele Frauen für eine sicheren Arbeitsplatz entschieden, etwa in einer Fabrik. Gerade weil es heute nur noch so wenige gibt, fragen sich viele, wie sie eine dieser traditionellen Unterhaltungskünstlerinnen treffen können. Das beantworte ich Euch später, zuerst gilt es mit einigen Vorurteilen und Mythen über die Geishas aufzuräumen.
Mythos 1: Geishas sind Prostituierte.
Falsch! Das ist ein Vorurteil, das absolut nicht stimmt. Geishas sind lediglich zur Unterhaltung der Gäste bestimmt. Sexuelle Dienste sind entgegen der Philosophie der Geishas. In früheren Zeiten stand auf einen Verstoß gegen dieses Gebot sogar eine Verhaftung. Prostitution ist in Japan außerdem seit 1956 generell illegal.
Mythos 2: Es gibt auch männliche Geishas.
Wahr! Naja fast. Während meiner Recherchen konnte ich keine stichhaltige Quelle finden, dass es wirklich noch aktive männliche Geishas gibt, auch wenn ich davon gehört habe. Tatsächlich waren die ersten Geishas früher aber alle Männer. Erst nach und nach übernahmen Frauen den Beruf.
Mythos 3: Arme Familien verkaufen junge Mädchen an Geisha-Häuser
Falsch! Selbstverständlich war das in früheren Jahrhunderten nicht auszuschließen. Heute ist der Beruf der Geisha aber eine persönliche Wahl. Die Mädchen müssen sich bei den Häusern bewerben und brauchen das Einverständnis der Eltern.
Mythos 4: Als Teil der Aufstiegs-Zeremonie zur Geisha verkaufen Maikos Ihre Jungfräulichkeit.
Falsch! Auch hier mag es in früheren Zeiten einige Ausnahmen gegeben haben, allerdings ist dies nicht Teil der Zeremonie und entgegen der Philosophie der Geishas.
Mythos 5: Eine Geisha muss Single bleiben.
Wahr! Von einer Geisha wird erwartet, dass sie unverheiratet bleibt. Selbstverständlich kann sie sich für eine Heirat entscheiden, muss dann allerdings ihren Beruf aufgeben.
So erkennst Du den Unterschied zwischen Maiko und Geisha
Stell dir vor du bist im Geisha Viertel Gion in Kyoto und das Glück ist auf deiner Seite: Eine Dame mit weißer Schminke und prachtvollen Gewändern kreuzt deinen Weg. Doch Moment, war das nun eine Maiko oder eine Geisha? Folgende Punkte machen die Unterscheidung ganz einfach:
- Alter: In der Regel wird eine Maiko spätestens mit 21 bis 23 Jahren zur Geisha. Wenn du also eine deutlich ältere Dame erkennst, kannst du davon ausgehen, dass sie eine Geisha ist. Aber mal ehrlich – mit den guten Genen der Japanerinnen ist das schwer abzuschätzen. Es muss noch deutlichere Hinweise geben…
- Haarschmuck: Maikos tragen die ausgefalleneren Ornamente in ihrem Haar. Diese unterscheiden sich je nach Trainingsstufe. Meist beinhaltet der Haarschmuck Blumen, die in geflochtener Form bis zum Kinn der Maiko herabhängen. Der Haarschmuck der Geishas ist minimalistischer und besteht meist nur aus einem Kamm.
- Haare bzw. Frisur: Apropos Haare – Geishas tragen Perücke (Katsura), wohingegen die Maikos ihr echtes Haar stylen. Die Frisur ist dabei so aufwändig, dass sie nur einmal in der Woche von einem Profi frisiert wird. Damit diese in Form bleibt schlafen Maikos auf einer speziellen Nackenstütze!
- Makeup: Das typische Makeup der Maiko und Geisha beinhaltet ein weiß geschminktes Gesicht (und Hals), rote Lippen und roten Lidschatten. Vermutlich das deutlichste Merkmal, um den Unterschied zwischen einer Maiko und Geisha in Japan auszumachen sind dabei die Lippen. Geishas malen ihre gesamten Lippen mit rotem Lippenstift an, Maikos nur einen kleineren Teil zur Mitte hin. Zu Beginn des Trainings bemalen Maikos außerdem nur die Unterlippe.
- Kleidung: Hier gibt es ebenfalls einige Unterschiede zu beobachten, allerdings sind diese nicht immer so leicht zu durchschauen. Generell ist der Kimono der Geisha eher simpler und mit weniger Muster versehen als die der Maiko. Der Kragen einer Maiko ist in auffälligem Rot gehalten, während die Geisha einen weißen Kragen trägt. Sowohl die Stoffbänder an den Ärmeln als auch die des „Obi“ auf dem Rücken sind bei einer Maiko länger als bei einer Geisha. Bei der Geisha erinnert der Obi an ein Kreuz oder Quadrat.
- Schuhe: Sowohl Maiko als auch Geisha tragen hölzerne Sandalen. Maikos tragen in der Regel die sogenannten Okobo mit deutlich höherer Sohle beziehungsweise Absatz. Geishas verwenden die niedrigeren Zori oder Geta.
Echt oder Falsch? So erkennst du eine „Hochstaplerin“
Wenn man durch Instagram Fotos zum Hashtag geisha scrollt, bekommt man leicht den Eindruck, dass es nicht sonderlich schwer ist, eine davon zu Gesicht zu bekommen. Unzählige Fotos finden sich dort, auf denen Touristen vermeintlich eine Geisha gesehen haben. Tut mir leid Euch zu enttäuschen, aber Ihr habt wahrscheinlich eine „Kopie“ abgelichtet.
Gerade in Kyoto gibt es viele sogenannte Henshin Studios, die jeden der will für einen Tag als Geisha einkleiden und schminken. Damit Ihr wisst, ob Ihr es mit dem Original zu tuen habt, solltet Ihr auf folgende Punkte achten:
- Ist die „Geisha“ morgens oder am frühen Vormittag unterwegs? Dann ist die Chance gering, dass es eine echte Geisha ist. Die Banquets und besonderen Anlässe zu denen Geishas eingeladen sind, finden meist erst in den Abendstunden statt.
- Nimmt sie sich Zeit, um viele Fotos mit Touristen zu machen? Ebenfalls an Anzeichen für eine falsche Geisha. Geishas in vollem Kostüm sind schließlich meist auf dem Weg zur Arbeit. Daher meiden sie große Menschenmengen und halten, wenn überhaupt, nur sehr kurz für ein Foto.
- Läuft die Dame etwas ungeschickt auf ihren Holzschuhen? Ohne Training wirkt man in den Schuhen alles andere als grazil und enttarnt sich somit als Fake!
- Passen das Makeup, die Haare und der Kimono zusammen? Der einfachste Punkt eine falsche Geisha zu identifizieren: Die Henshin Studios mischen den Stil von Geisha und Maiko. Eine Geisha mit voll bemalten Lippen, aber buntem Haarschmuck? Da stimmt was nicht.
Von der Maiko zur Geisha: So sieht die Ausbildung aus
Wenn ein Mädchen das Glück hat, von einer Geisha-Schule als passende Kandidatin eingestuft zu werden, beginnt die lange und harte Ausbildung. Das Leben einer Geisha lässt sich grob in sechs Phasen einteilen.
Shikomi: Zu Beginn der Ausbildung gilt man als Shikomi. Diese erledigen zunächst anfallende Dienste im Geisha-Haus und assistieren den Geishas und Maikos mit Make-Up und Kleidung. Gleichzeitig beginnt nebenher das erste Training in Sachen Verhalten, Auftreten und auch Musik und Tanzkunst.
Dauer: circa 6 Monate.
Minarai: Minarai bedeutet so viel wie „durch zusehen lernen“. In dieser Phase bekommt die Geisha-Anwärterin eine erfahrene Geisha als Mentorin an Ihre Seite. Sie begleitet sie bei Ihren Auftritten und lernt somit neben ihrem normalen Training durch praktische Erfahrung.
Dauer: circa ein bis zwei Monate.
Misedashi: So nennt sich die offizielle Zeremonie, in der die Anwärterin als Maiko anerkannt wird. Ab sofort darf sie bei Banketten und Abendessen auch selbstständig aktiv werden. Sie lernt und begleitet ihre Mentorin aber weiterhin zu all deren Auftritten.
Dauer: circa 5 Jahre
Erikae: Genug Berufserfahrung gesammelt! Die Erikae-Zeremonie markiert den offiziellen Wandel von der Maiko zur Geisha. Während der Festlichkeit wird der rote Kragen der Maiko durch den weißen Kragen der Geisha ersetzt.
Geisha: Ab sofort arbeitet die Geisha so lange sie möchte in ihrem erlernten Beruf. Entweder in dem Okiya, in dem sie auch gelernt hat oder aber auf selbstständiger Basis.
Hiki-iwai: Diese Feier läutet das Ende der Karriere ein. Gründe dafür gibt es viele: das hohe Alter, eine Heirat oder andere Berufspläne.
Kann ich selbst eine Maiko werden?
Wenn du Japanerin bist, ja! Die Ausbildung beginnt aber wie gesagt in früher Jahren, daher müssen Du und deine Eltern Euch früh entscheiden, ob das der richtige Weg ist.
Einige Häuser haben in der Vergangenheit auch vereinzelt Ausländer akzeptiert. Die Nummer ist aber verschwindend gering, ich habe von unter 10 Stück in ganz Japan gehört – unter anderem aus China, Australien und der Ukraine. Wenn du keine „echte“ Geisha werden kannst, dann kannst du dich in Kyoto zumindest in eine verwandeln. Es gibt einige Studios, die dir dabei helfen, zum Beispiel das Studio Kyoto Maiko. Dort bekommst Du ein sozusagen ein Geisha Kostüm mit Geisha Schminke bzw. Make Up und so weiter. Mehr Informationen gibt es unter www.kyoto-maiko.com/english
Wie und wo kann ich eine Geisha treffen?
Am einfachsten ist es natürlich, eine Geisha für die Unterhaltung beim Abendessen zu buchen. Leider auch am teuersten! Eine Summe von etwa 40 000 Yen (337 Euro) aufwärts ist dabei nicht unüblich, Essen nicht mitinbegriffen. Außerdem ist es gar nicht so leicht, einen Termin zu buchen. Meist finden diese Abendessen in den sogenannten Ochaya statt, exklusiven Gasthäuser, die Ihre Tore nicht für jedermann öffnen. Wenn Du das nötige Kleingeld besitzt, kannst Du über eine vertrauenswürdige Agentur aber definitiv dein persönliches Geisha-Abenteuer buchen.
Deutlich günstiger sind da die Feste und Feiertage, an denen die Geishas oft traditionelle Tänze aufführen. Zum Beispiel…
- Kamishichiken in Kyoto (Februar)
Anlässlich der bevorstehenden Kirschblüte servieren die Geishas in diesem Distrikt Kyotos Tee für etwa 3000 Gäste. - Miyako Odori in Kyoto (April)
An diesem Frühlingsfest führen die Geishas traditionelle Tänze auf. Ein Ticket kostet etwa 4000 Yen (33 Euro).
In der zwei Stunden von Tokyo entfernten Stadt Niigata gibt es außerdem das Hanamachi Chaya Programm. Ich persönlich habe damit keine Erfahrung, habe aber viel Gutes darüber gehört.
Oder Ihr macht es auf die gute alte Art: Begebt euch in den Gion Distrikt in Kyoto und legt Euch in den Seitenstraßen auf die Lauer. Mit etwas Glück erspäht Ihr dort eine Geisha. Am besten eignet sich dafür die Abendstunden ab 6 Uhr.
1 Kommentar zu „Das Leben der Geishas in Japan: Mythen und Fakten“
Hallo,
schöner Artikel, ich habe in Kyoto selbst zwei fake Geishas abgelichtet, ich wusste das sie nicht echt sind, trotzdem ein schönes Motiv, und natürlich habe ich vorher gefragt.
Der letzte Tipp, mit dem auf die Lauer legen ist meiner Meinung nach mit Vorsicht zu geniessen, mittlerweile werden die Damen in Gion wohl regelrecht gejagt, und sind dementsprechend nicht unbedingt davon begeistert, und ganz ehrlich, für die meisten Touristen macht es kaum einen unterschied ob Fake oder real.
Der Film „Die Geisha“ vermischt wohl Geishas mit Yobidashi, wobei meine Frau trotzdem total begeistern von dem Film war.